Sieben tödliche psychologische Sünden: 5. Vermeidungsverhalten

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von Jennifer Jill Schwirzer (M.A.):

Die nächste tödliche psychologische Sünde ist das Vermeidungsverhalten. In meiner Praxis begegne ich oft diesem Benehmen. Viele Leute kommen zu mir zur Beratung und erzählen: „Ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen, die Dinge zu tun, von denen ich weiß, dass ich sie tun sollte.“ Und typischer Weise verwenden sie diese eine Ausrede: „Ich habe einfach keine Motivation!“ Ich mache ihnen dann klar: „Doch, Sie sind schon motiviert. Sie sind motiviert, auf dem Sofa zu sitzen, anstatt aufzustehen und Sport zu machen. Sie sind motiviert, zu telefonieren, anstatt das Zimmer zu putzen, das dringend saubergemacht werden muss.“ Du bist also motiviert. Man sagt, dass jedes Verhalten tätig ist. Entweder man versucht etwas zu vermeiden, oder man versucht etwas zu erreichen.

Nun, es gibt einige Dinge, die wir typischerweise versuchen zu meiden. Dazu gehören eine gesunde Ernährung, Sport, Saubermachen und unser Leben zu organisieren, bestimmte „unbeliebte“ Aufgaben zu erledigen. Zu guter Letzt - und das steht wahrscheinlich ganz oben auf der Liste - neigen Menschen dazu, schwierige Gespräche zu vermeiden, z.B. Gespräche mit einer Person, mit der man vielleicht einen Konflikt hat oder eine Sache besprechen, die man klären muss. Viele wollen dieser Art von Gespräch wirklich unter allen Umständen aus dem Weg gehen und sie malen sich die Konversation auch furchtbar aus - und dann meiden sie diese.

Aber die Sache ist, wenn man all diese Punkte in Angriff nimmt, und aufsteht und Sport macht, eine gesunde Mahlzeit kocht, das Zimmer putzt und das Gespräch sucht, dann zahlt sich das unglaublich aus. Man fühlt sich unglaublich gut, wenn man das tatsächlich durchzieht.

Wie kommt man also von Punkt A zu Punkt B? Das ist die Frage. Das Verhalten, das das Vermeiden ersetzt, ist Aktion. Gott hat uns etwas Wunderbares gegeben - wir nennen es den Freien Willen. Nun, ich bin mir bewusst, dass es einige Wissenschaftler in der Verhaltenspsychologie gibt, die bestreiten, dass menschliche Wesen einen freien Willen haben. Sie behaupten, dass wir genetisch und biologisch programmiert sind oder dass wir von unserem Umfeld beeinflusst werden - wir reagieren einfach nur auf unser Umfeld und zwar auf eine Art und Weise, die vorhersagbar und bestimmt ist. Doch trotzdem sehen wir Ausnahmen zu dem sogenannten typischen menschlichen Verhalten. Und diese Ausnahmen sind für mich ein Beweis dafür, dass wir uns frei entscheiden können.

Nun, unseren freien Willen zu gebrauchen kann manchmal schwierig sein, insbesondere unter bestimmten Bedingungen, die wir erlernte Hilflosigkeit nennen. Es gibt Personen, die große Schwierigkeiten damit haben, in ihrem Leben aktiv zu werden und sozusagen die Kontrolle zu übernehmen. Diese Menschen sind häufig traumatisiert oder Opfer von Missbrauch. Dieses Verhalten der erlernten Hilflosigkeit geht oft einher mit der so genannten Borderline Persönlichkeitsstörung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die betroffenen Personen wenig oder keine Kontrolle über ihre Impulse zu haben scheinen und ein selbstzerstörendes Verhalten an den Tag legen. Man ist lange davon ausgegangen, dass man die Borderline Persönlichkeitstörung nicht behandeln kann - bis eine Frau namens Marsha Linehan eine Wende brachte. Sie entwickelte das Konzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie (kurz DBT).

Im Grunde genommen besteht diese Art der Behandlung darin, den Willen zu trainieren. Mit einer Übung, genannt „Opposite Action“, brachte sie den Patienten bei, wie sie Entscheidungen treffen können, die ihrem eigenen Willen genau entgegengesetzt sind. Wenn jemand Lust hatte in die Küche zu gehen und sich mit Süßem voll zu stopfen, dann sollte er stattdessen einen Spaziergang machen. Wenn sie Lust hatten einkaufen zu gehen und ihre Kreditkarte zu belasten, dann brachte sie ihnen bei, zur Suppenküche zu gehen und dort freiwillig zu helfen, sodass diese Menschen genau das Gegenteil von dem taten, wonach ihnen eigentlich zumute war.

Mithilfe der Dialektisch-Behavioralen Therapie war es Marsha Linehan möglich, mit Borderline-Patienten Fortschritte zu machen, die keinem anderen Arzt gelungen waren. Was ich empfehle, sind (To-Do)Listen. Ich liebe Listen. Listen helfen uns, Dinge durchzuziehen, die zu den sogenannten unbeliebten Aufgaben gehören - und sie tun das auf eine sehr interessante Art und Weise. Jedes Mal, wenn man einen Punkt auf der Liste abhacken kann, bekommt man einen kleinen Dopamin-Schub. Man hat etwas erreicht, und das fühlt sich gut an. Und wenn man eine komplette Liste abgearbeitet hat - das fühlt sich großartig an! Also ich empfehle Listen, denn wenn man all die unbeliebten Aufgaben auflistet, dann bekommt man so etwas wie einen weiteren Vorteil, wenn man einen bestimmten Punkt abhacken kann. So kann man sozusagen sich selbst austricksen, wenn man denkt etwas nicht tun zu wollen.

Lass mich von einer Frau erzählen, mit Namen Edith Eger. Sie lebte zur Zeit des Holocaust. Edith Eger war eine Jüdin während des Nazi-Regimes in Deutschland. Sie musste mitansehen, wie ihre Eltern in die Gaskammer geschickt wurden. Ein deutscher Wachmann brach ihr den Rücken. Sie durchlitt den Todesmarsch in Europa. Und sie magerte ab auf ca. 20 Kilo. Sie wurde auf einen Haufen von Körpern geworfen - um zu sterben. Der Krieg war vorbei und ein amerikanischer Soldat sah, wie sich ihre Hand bewegte und zog sie aus dem Haufen. Die Ärzte kamen und ihr Leben war gerettet.

Edith Eger fing an, öffentlich über ihr Erlebnis mit dem Holocaust zu sprechen. Und was sie betonte, war die Tatsache, dass wir eine Wahl haben. Sie erinnerte sich, dass ihre Mitgefangenen anfingen, das Fleisch toter Menschen zu essen, um selbst am Leben zu bleiben. Sie entschied sich, dies nicht zu tun. Sie erinnert sich auch, wie sie im Gras lag und Gott dankte, dass sie sich immer noch frei entscheiden konnte, welchen Grashalm sie essen wollte.

Weißt du, unser freier Wille ist wie ein Geschenk. Als Kinder haben wir uns so gefreut, wenn wir all die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen sahen. Wie seltsam wäre es gewesen, wenn Heiligabend vorbeigegangen wäre und wir sie nicht einmal ausgepackt hätten. Unser freier Wille ist für viele von uns ein Geschenk, das wir nie öffnen. Ich rate dir, dass du anfängst das zu tun, von dem du weißt, dass es richtig ist. Tue es einfach. Probiere es aus, eine Liste zu erstellen und dich selbst dazu zu bringen, die Dinge durchzuziehen. - Und du wirst anfangen, dich gut zu fühlen.

Packe deine Geschenke aus.

Über den Autor:

Jennifer Jill Schwirzer hat einen Master Abschluss als Beraterin für Mentale Gesundheit und übt diesen Beruf als lizensierte Fachberaterin aus. Sie ist eine weltweit gefragte Seminarsprecherin und hatte auch Sendungen beim US Fernsehsender 3ABN.

Quelle: Life and Health Network