Sieben tödliche psychologische Sünden: 1. Kritik

3286

von Jennifer Jill Schwirzer (M.A.):

Tag ein Tag aus betreten Menschen die Praxis von Jennifer Jill Schwirzer mit denselben Problemen. Jennifer entschloss sich diese Probleme zusammenzufassen in einer Serie die sie die "Sieben psychologischen Sünden" nennt. Es sind an und für sich nicht zwangsweise moralische Sünden, aber es sind Dinge die uns sabotieren, andere Menschen verletzen oder unsere Beziehungen kaputt machen können. In jedem Artikel der Serie wird Jennifer sowohl die "psychologische Sünde" erklären als auch eine "Ersatzverhaltensweise" aufzeigen. Die Serie beginnt mit dem Thema "Kritik".

Wir Menschen konzentrieren uns von Natur aus auf das Negative und auf Probleme. Tatsächlich haben Studien ergeben, dass 75% der Interaktion zwischen Lehrern und Grundschülern negativ ist. Es wurde auch gezeigt, dass ein Kind im Laufe seines Lebens von der Geburt an, bis zum 18.Lebensjahr, 148 000 Mal von seinen Eltern das Wort „Nein!“ zu hören bekommt.

Das Fazit von all dem ist: positive Interaktion, und besonders Bestätigung an Stelle von Kritik ist eine erlernte Fähigkeit. Es ist etwas, was wir aktiv tun und wofür wir uns bewusst entscheiden müssen - sonst werden wir in unsere Gewohnheiten des Kritisierens zurückfallen.

Es wird die Geschichte von einem jungen Mann berichtet, der sich über die Lieder, die in der Kirche gesungen wurden beklagte. Er meinte, sie seien langweilig. Sein Vater sagte ihm daraufhin: „Nun, wenn du dich darüber beschwerst, dann schreibe doch selbst eines.“ Er ging in sein Zimmer - und schrieb das Lied „When I survey the wondrous cross“ (auf Deutsch: ,Wenn ich das wunderbare Kreuz betrachte‘). Der junge Mann war Isaac Watts und fuhr fort, insgesamt über 350 Lieder zu komponieren, darunter sehr bekannte, wie z.B. „Joy to the World“ (auf Deutsch: ,Freue dich Welt, dein König naht‘).

Es besteht also auch berechtigte Kritik. Sie hat eine Funktion. Als menschliche Wesen sind wir in der Lage, vernünftig zu denken und kritisch zu hinterfragen. Nicht alle Kritik ist schlecht. Aber wir müssen sie sozusagen im Zaum halten und trainieren, damit sie sowohl uns, als auch unseren Mitmenschen gut tut.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, die in einem kritisierenden Umfeld aufgewachsen sind, eher dazu neigen, mit Depression diagnostiziert zu werden und mehr depressive Symptome zeigen. In der Tat steht ein Zuhause, in dem viel Kritik ausgesprochen wird, mit einem breiten Spektrum an mentalen Krankheiten, wie Schizophrenie und anderen psychischen Störungen in Verbindung.

Abraham Lincoln sagte einmal: „Derjenige hat das Recht zu kritisieren, der das Herz hat, zu helfen.“ Um herauszufinden, ob man das richtige Herz hat, einer Person zu helfen, schlage ich vor, dass man sich selbst drei Fragen stellt, bevor man diesen Menschen kritisiert.

1.) Kritisiere ich gerne? Oder hasse ich es, zu kritisieren?

Wenn man es gerne tut, dann sollte man sich Zeit nehmen, um das zu überdenken.

2.) Tue ich es, um zu helfen? Ist das mein Motiv?

3.) Werde ich es freundlich tun? Und werde ich es dem anderen persönlich sagen?

Hüte dich vor öffentlicher Kritik, besonders im Web. Diese Art von Kritik kann schnell umschlagen in öffentliches Mobbing‘. Wenn man sensible Dinge ansprechen möchte, dann ist es wirklich das Beste, mit dem Betreffenden persönlich zu sprechen.

Mit was sollte man nun Kritik ersetzen? Es ist ganz einfach: Bestätigung und Ermutigung. Lerne, andere zu bestätigen. Wir tun das nicht von Natur aus. Ich rate, dass wenn du sozusagen ein ,Kritikoliker‘ bist, dass du für zwei bis drei Wochen ein ,Kritik-Fasten‘ einlegst, in denen du nichts und niemanden kritisierst, nicht einmal dich selbst. Nimm die Herausforderung an und versuche es. Und wenn du anschließend mit Kritik konfrontiert wirst, dann tue es im ,Bestätiguns-Sandwich-Style‘: Du bestätigst die Person, dann sprichst du eine Kritik an und dann folgt zum Schluss noch mal eine Ermutigung. Das hilft dabei, die ganze Situation zu entschärfen.

John Godman, Eheberater, sagt, dass man jemanden fünfmal bestätigen muss, um den emotionalen Einfluss von Kritik zu ,neutralisieren‘. Behalte dieses Verhältnis im Kopf: fünfmal ermutigen zu einmal kritisieren.

Was sind die Auswirkungen eines Heimes, wo die Umgebung aus Ermutigungen besteht? (Den Einfluss eines kritisierenden Umfeldes haben wir bereits angesprochen.) Studien haben ergeben, dass ein positiver Zusammenhang zwischen väterlicher Bestätigung und Anerkennung und einem hohen Selbstwertgefühl bei Mädchen besteht. Väterliche Bestätigung und Angst vor Intimität bei Mädchen stehen in einer negativen Wechselwirkung zueinander. Mit anderen Worten: Wenn Väter ihre Töchter bestätigen, dann stehen die Chancen hoch, dass diese ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und dass sie in der Lage sind, gesunde Beziehungen zu führen.

Fang heute an, jemanden zu ermutigen und zu bestätigen, den du normalerweise kritisieren würdest. Ich sage das nicht gerne, aber häufig sind die, die uns am nächsten stehen diejenigen, die wir am meisten kritisieren. Versuche, das zu verändern und ganz bewusst und aktiv diese Person(en) zu bestätigen. Sie werden sich wundern, was passiert ist.

Über den Autor:

Jennifer Jill Schwirzer hat einen Master Abschluss als Beraterin für Mentale Gesundheit und übt diesen Beruf als lizensierte Fachberaterin aus. Sie ist eine weltweit gefragte Seminarsprecherin und hatte auch Sendungen beim US Fernsehsender 3ABN.

Quelle: Life and Health Network